Die „Singate“, ein Gruß vom letzten Sommer – das Kletzenbrot
Brotlaibe mit gedörrten Birnen, Äpfeln und Nüssen – das Kletzenbrot – waren bis vor 150 Jahren das einzige Weihnachtsgebäck der Landbevölkerung im österreichischen, bayrischen und schwäbischen Raum. Viele Mythen und Bräuche ranken sich um das reichhaltige Gebäck. Am Heiligen Abend oder am Stephanitag wenn die ganze Verwandtschaft zusammenkommt, wurde das Früchtebrot vom Hausvater angeschnitten und verteilt. Die Kinder, Knechte und Mägde bekamen einen Anteil. Um Glück in den Stall zu bringen, erhielten die Tiere Früchtebrot als „Maulgabe“.
So soll es auch ein Zeichen der Verlobung gewesen sein.
Wenn man seiner Herzensdame Kletzenbrot nachtrug, kam dies einer öffentlichen Bekanntgabe des Versprechens gleich. Noch in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts war das „Kletzenbrotfahren“ Brauch. In der Nacht zum Stephanitag fuhren die Burschen, deren Gesichter kohlrabenschwarz bemalt waren, um Mitternacht mit Jauchenfässern solange gegen die Tore von Bauernhöfen, bis ihnen die ledigen Mädchen die Tür öffneten und ihnen (als potentielle künftige Ehemänner) ein süßes Kletzenbrot reichten. Die Kinder armer Leute sangen Advents- und Weihnachtslieder vor den Häusern begüterter Bauern und erhielten zum Dank die „Singate“, wie das Birnenbrot deshalb genannt wurde. Heute kennt kaum noch jemand diesen Ausdruck.
Nach einem überlieferten Rezept von meiner Ur-Großtante der Krainer Peppi, Wirtin von 1947 bis 1982 im Tatzhof in Ratten in der Oststeiermark, backen wir unser Kletzenbrot, wenn ich meine Konditorinnen motivieren kann, vor Weihnachten wie folgt:
Zutaten
- 800 g Roggenmehl
- 400 g Weizenmehl
- 300 g Roggensauerteig
- 20 g Salz
- 40 g Germ
- 300 g Dörrzwetschken
- 400 g Kletzen
- 200 g getrocknete Feigen
- 200 g Walnüsse
- 150 g Rosinen
- 100 g Zucker
- 100 g Rum
- 1 Kaffeelöffel Piment gemahlen
- 1 Kaffeelöffel Nelken gemahlen
Die Kletzen in Wasser einmal aufkochen und abkühlen lassen. Die Stiele und die Kerngehäuse entfernen. Früchte schneiden mit Rum, Gewürzen und Zucker vermischen und mit Kletzenwasser übergießen bis die Früchte bedeckt sind. Zugedeckt über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag Mehl, Salz, Germ, Sauerteig und die angesetzten Früchte in eine Schüssel geben. Mit Kletzenwasser und lauwarmen Wasser zu einem relativ weichen Teig gut verkneten. Teig zugedeckt ein wenig gehen lassen (je nach Raumtemper